Game of Thrones 1: Gott und die Söhne Elis

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Samuel im Gespräch mit Eli, von John Copley im Jahre 1780.

Das Buch der Richter stellt das Volk Gottes als eine Zusamensetzung von Stämmen dar, die zusammen arbeiten, um sich vor stärkeren Feinden zu schützen. Gott erwählte verschiedene Anführer (zB Othniel, Debora, Gideon, Jephthah und Simson). Jedes Mal, wenn ein Anführer erwählt wurde, half er, diese Gruppe der 12 Stämme Israels zu befreien und zu beschützen. Das Buch endet mit der eindrucksvollen Geschichte eines Leviten und seiner Nebenfrau, die zeigt, wie schrecklich das Leben im Volk Gottes geworden war. Die Stämme kommen zusammen, um die bösen Stämme zu bekämpfen (in diesem Fall, den Stamm Benjamin). Aber im Vergleich zu dieser eher instabilen Gruppe der 12 Stämme berichten die beiden Bücher Samuel von einer Veränderung in der politischen Führung in Israel. Das Buch Samuel verdeutlicht am Anfang, dass Gott der König ist. Dies war einer der Unterschiede zwischen Gottes Volk und anderen Nationen. Die anderen Völker hatten eher die Vorstellung, dass der König Gott ist. Die Idee, dass Gott der König ist, bedeutete politisch, dass Gott sich schützen würde, was der gewöhnliche Glaube einiger Völker war, unter anderen auch der des Volkes Israel, das vom Schutz dieses Führers abhing.


Das Buch Samuel zeigt den politischen Wandel von „Gott ist der König“ zu „der König ist Gott„.

Halbertal und Holmes


Dieser Wandel von einer Zusammensetzung mehrerer Stämme zu einer vereinten Nation hat unmittelbar damit zu tun, dass das Volk das politische System ihrer Nachbarvölker übernahm. In ihrem Buch The Beginning of Politics erklären Moshe Halbertal und Stephen Holmes, beide Professoren an der University of New York, den Kampf um die Macht im Buch Samuel. Einige Fragen, die das Interesse für das, was kommt, wecken könnten: Gibt es Kämpfe um die Macht in den Büchern von Samuel? Wer kämpft gegen wen? Wollen alle die Macht? Der Prophet Samuel auch? Wollte auch David sie oder nur Saul? Und was ist mit dem Volk?

Laut Halbertal und Holmes kämpften im Buch Samuel alle eben genannten Gruppen um die Macht. Das Buch beginnt mit der Geschichte von Hanna, die um einen Sohn betet. Die Person an der Macht ist Eli, aber in die Geschichte wird er mit seinen beiden Söhnen eingeführt:


„Daselbst waren aber Priester des HERRN Hophni und Pinehas, die zwei Söhne Elis.“

1 Samuel 1:3 – (LUTH1545)


Die Söhne Elis lebten nach einer anderen Vorstellung, als dass Gott der König sei. Sie genossen das Leben als Könige und hielten sich für Götter. Alles, was im Buch Samuel über sie steht, ist negativ. Sie missbrauchten ihre Macht und verlangten eine größere Portion für sich, damit die Menschen nicht dem gerecht werden konnten, was von Gott verlangt wurde. Sie „fragten nicht nach dem HERRN“ (1 Sam 2:12). Schlimmer noch, wenn jemand es wagte, ihnen Missbrauch vorzuwerfen, kam der Machiavelli in ihnen zum Vorschein und dem Volk wurde mit Gewalt die Opfergabe abverlangt (1 Sam 2:16). Das Letzte, was wir über sie wissen, ist, dass sie die Bundeslade in den Krieg gegen die Philister mitgenommen haben. Diese Entscheidung war nicht Gottes Entscheidung, sondern eine unrechtmäßige Handlung der beiden Söhne Elis. Die Macht Gottes, König zu sein und sein Volk zu beschützen, wurde zu dieser Zeit verdrängt. Wohin führte diese Geschichte? Das Tragischste ist der Verlust der Bundeslade und die Niederlage im Krieg. Doch wie Halbertal und Holmes erklären, zeigt der Verfasser des Buches Samuel, ohne auf viele Details einzugehen, wie Gott wirkte, damit die Söhne Elis nicht weiterhin für sein Volk verantwortlich sind. Dieses Scheitern der beiden vermeintlichen Erben von Eli führte dazu, dass Samuel den Platz seines Mentors Eli einnahm. Offensichtlich war das Priestertum nicht von geringer Macht über viele Menschen. Samuel war bereits zuvor als Prophet anerkannt worden:


19 Samuel aber nahm zu, und der HERR war mit ihm, und fiel keines unter allen seinen Worten auf die Erde. 20 Und ganz Israel von Dan an bis gen Beer-Seba erkannte, daß Samuel ein treuer Prophet des HERRN war. 21 Und der HERR erschien hinfort zu Silo; denn der HERR war durch Samuel offenbart worden zu Silo durchs Wort des HERRN. Und Samuel fing an zu predigen dem ganzen Israel.

1 Samuel 3:19-21 (LUTH1545)


Erst im Kapitel 7 wird Samuel zum Richter der Nation ernannt. Der Autor des Buches Samuel weist auf raffinierte Art darauf hin, dass es Gott selbst war, der die Beseitigung der korrupten Konkurrenz bewirkt hatte. Die subtile Art, die Absicht Gottes zu zerstören mit der Erwählung Samuels zu kombinieren, wird in den folgenden Versen deutlich:


25 … Aber sie gehorchten ihres Vaters Stimme nicht; denn der HERR war willens, sie zu töten. 26 Aber der Knabe Samuel nahm immermehr zu und war angenehm bei dem HERRN und bei den Menschen.

1 Samuel 2:25-26 (LUTH1545)


„Hanna übergibt dem Priester ihren Sohn Samuel“ von Jan Victors aus dem Jahr 164

Diese Idee taucht bereits im Lied von Samuels Mutter Hanna auf: Es ist die Weisheit einer einfachen Frau, deren Leben hauptsächlich von der Arroganz der anderen Frau ihres Mannes geprägt ist. Sie konnte keine Kinder bekommen und als sich ihr Traum endlich erfüllte, gab sie ihn ab und war nicht mehr bei ihrem Sohn. Obwohl es im Buch Samuel um Menschen an der Macht geht, wie Eli, Hophni und Pinehas, Samuel, Saul und David, erscheint politische Weisheit gerade bei ausgegrenzten Menschen wie eine indirekte Botschaft. Hannas Lied sagt:


9 Er wird behüten die Füße seiner Heiligen, aber die Gottlosen müssen zunichte werden in Finsternis; denn viel Vermögen hilft doch niemand. 10 Die mit dem HERRN hadern, müssen zugrunde gehen; über ihnen wird er donnern im Himmel. Der HERR wird richten der Welt Enden und wird Macht geben seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten.

1 Samuel 2:9-10 (LUTH1545)


Samuel wächst auf und der Autor scheint mitteilen zu wollen, dass jetzt endlich eine Person nach dem Willen Gottes erschienen ist. Eli und Samuel stellen die beiden Seiten der religiösen Macht in Israel zu dieser Zeit dar. Aber da Politik und Religion ein und dasselbe war (Gott ist König/der König ist Gott), war die Macht fast absolut. Das einzige, das der religiöse Führer nicht tun konnte, war den Schutz des Volkes zu gewährleisten. Dies tat Gott.

Es ist klar, dass Machtmissbrauch überall und in irgendeiner Familie vorkommen kann. Aber es ist krass, dass das Buch Samuel von etwas spricht, das lange Zeit in Lateinamerika Realität war, nämlich von Machtmissbrauch als etwas das ganz klar zur Politik dazugehört. Das Buch Samuel ist nicht nur an diejenigen gerichtet, die in der Regierung Macht haben, sondern fordert jedes Mitglied des Volkes Gottes heraus, sich selbst zu bewerten. Sind wir uns unserer Macht in der Familie, bei Freunden, bei Menschen, die uns um Rat fragen, bei Menschen, die Hilfe suchen, bewusst? Machtmissbrauch verursacht immer Leid; für Familien und ganze Völker. Aber alles beginnt mit den Handlungen jedes Einzelnen.

Das Buch Samuel fragt uns: Was spiegelt unser Handeln wider: dass Gott König ist oder dass wir es schaffen, König zu sein, um wie ein Gott zu leben?


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